Einführung:
Viele Genüsse und Konsumgewohnheiten haben zwei Seiten. Es lohnt sich, beide zu betrachten und dann eine Entscheidung darüber zu treffen, wie wir leben wollen. Die meisten von uns leben nicht mit viel Bewusstsein über die Zustände, die durch unsere Gewohnheiten entstehen. Wenn sie eine Tasse Kaffee trinken oder einen Coffee-to-go ins Büro mitnehmen, verschwenden die meisten Menschen keinen Gedanken an die Länder, in denen Kaffee angebaut wird. Viele haben sich nie mit der Geschichte des Kaffees befasst. Sie interessieren sich nicht für die Anbau- und Arbeitsbedingungen oder die Umweltfolgen des massiven Kaffeeanbaus. Unser Konsum hat Folgen. Da wir selbst diese nicht erleben, sind sie uns oft egal.
Inhaltsverzeichnis
Für viele Menschen ist die morgendliche Tasse Kaffee eine lieb gewordene Gewohnheit. Ohne den Wachmacher kommt die Verdauung nicht in Schwung. Die Zeitung liest sich nicht gut, wenn die Müdigkeit noch in den Lidern klebt. Außerdem schmeckt der koffeinhaltige Kaffee den meisten Menschen. Warum also nicht. Die Deutschen konsumieren alljährlich mehr als 160 Liter Kaffee – pro Person. Bei geschätzten 83 Millionen Bundesbürgern sind das 13,3 Milliarden Liter Kaffee jährlich, allein in Deutschland – vorausgesetzt, jeder Deutsche wäre Kaffeetrinker. Das ist natürlich nicht der Fall. Nehmen wir an, nur jeder zweite Deutsche ist Kaffeetrinker. Die dann erreichte Verbrauchssumme ist nicht weniger imposant. Es sind immer noch mehr als 6,65 Milliarden Liter Kaffee jährlich, nur für die Kaffeekonsumenten in Deutschland
Am anderen Ende der Welt versuchen Menschen in vielen Anbauländern, unseren immensen Konsumhunger zu befriedigen. Viele Sorten Kaffee werden unter ausbeuterischen Umwelt- und Arbeitsbedingungen hergestellt. Die Kaffeefarmen und Herstellerländer verdienen am wenigsten daran. Es sind die Importeure und Röstereien, die durch Verarbeitung und Veredelung der Kaffeebohne ihren Reibach machen. Um Gewinne zu maximieren, lassen Röstereien sich ständig neue Gewinnstrategien einfallen – zum Beispiel Kaffeekapseln. Damit wird ein neues Umweltproblem erschaffen. Doch darunter leiden ja andere. Wenn ein toter Wal mit 30 Plastiktüten im Magen oder 50 Kilo gemischtem Plastikmüll im Bauch gefunden wird, sind wir dafür ebenso verantwortlich, wie für die wachsenden Teppiche an Plastikmüll in den Ozeanen dieser Welt. Die Zersetzung von Kunststoffen dauert 500 Jahre. Was bleibt, sind zerriebene Mikropartikel. Diese landen in Form von Fisch oder Fleisch auf unseren Tellern.
Außerdem spricht gegen einen hohen Kaffeekonsum, dass wir uns mit einem potenziell süchtig machenden Getränk durch das Leben dopen. Oft genug bleibt Kaffee nicht das einzige Getränkedoping. Potenziell addieren sich Cola-Getränke oder Energydrinks wie Red Bull dazu. Bereits Kinder dopen sich mit solchen Lifestyle-Getränken. Viele werden vermutlich später Kaffeetrinker. Das Thema Abhängigkeit bringen die Menschen jedoch meistens mit anderen Drogen in Verbindung.
Wer sich ein halbes Leben lang mit diversen Tassen Kaffee durch seinen Arbeitstag hilft, ist mit einiger Wahrscheinlichkeit abhängig von der Koffeinzufuhr durch Kaffee. Wer seinen Kaffee bevorzugt süß trinkt, riskiert zusätzlich, zum Zuckerjunkie zu werden. Eine andere suchterzeugende Kombination ist der gewohnheitsmäßige Konsum von Kaffee und Zigaretten. Ohne diese beiden Suchtmittel kommt die Verdauung real oder gefühlt nicht in Schwung. Muss jemand für mehrere Tage auf sein geliebtes Heißgetränk verzichten, bricht der künstliche Energiepegel ein. Viele Menschen haben regelrechte Entzugserscheinungen wie Kopfschmerzen, Kreislaufbeschwerden, Fahrigkeit und schlechte Laune. Man hat das Gefühl, den ganzen Tag nicht wach und leistungsbereit zu sein.
Verantwortlich für das unfreiwillige Leistungstief ist das fehlende Koffein. Kaffeegenießer wissen, dass sie sich mit Kaffee nur kurzzeitige Energiekicks verschaffen können. Im Anschluss verlangsamen sich die Denkvorgänge. Prinzipiell ist nichts gegen flüssige Wachmacher zu sagen. Die Frage ist aber, ob ein suchterzeugender Wachmacher, der Umweltschäden und Ausbeutung nach sich zieht, wirklich der beste Weg ist. Unsere wirtschaftliche Abhängigkeit von exotischen Importgütern und die damit verbunden Ausbeutung einstmals reicher Herstellerländer hinterlässt Fragen.
Ein kalter Entzug ist die härteste Variante der Entwöhnung von einem Suchtmittel. Von einer Sekunde auf die andere keinen Kaffee mehr zu trinken, schaffen die wenigsten Menschen. Die bessere Variante des Kaffeeverzichts ist der langsame Entwöhnungsprozess. Dieser gelingt leichter, wenn sich die Betroffenen mit ihrem Suchtmittel befassen und die Gründe ermitteln, warum es ihnen unverzichtbar erscheint. Für den einen ist Kaffee ein Genussmittel, das wegen des Geschmacks konsumiert wird. Für andere ist Kaffee ein effektiver Wachmacher oder eine Verdauungshilfe. Je nachdem, welchem Zweck das Kaffeetrinken gilt, muss die Entwöhnungsstrategie angepasst werden.
Ständig müde zu sein, schlaucht. Möglicherweise besteht ein Schlafmangel, der behebbar ist. Wer tagsüber viele Tassen Kaffee konsumiert, schläft automatisch schlechter. Er wird nicht richtig wach, weil ein Schlafdefizit besteht. Länger zu schlafen oder früher zu Bett zu gehen, könnte eine Lösung darstellen. Häufiger Kaffeegenuss überlagert die Symptome einer Erschöpfung. Der Ruhemodus wird durch molekulare Einwirkungen des Koffeins unterlaufen. Der Organismus bräuchte eigentlich mehr Ruhe. Doch er wird durch noch mehr Kaffee künstlich auf hohen Betriebstemperaturen gehalten.
Die nach einem Wachmacher verlangende Verdauungsleukozytose nach dem Essen entsteht vornehmlich durch Fleischkonsum oder schweres Essen. Viele Signale des Körpers werden mit Kaffee übergangen. Statt gewohnheitsmäßig die Kaffeemaschine anzustellen, könnten morgenmüde Menschen sich warm und kalt abduschen, die Haut mit Trockenbürsten einer besseren Durchblutung zuführen und einen aus Obst und Gemüse frisch hergestellten Power-Smoothie zu sich nehmen. Grüntee ist gesünder als Bohnenkaffee. Sein Koffein ist sanfter und hält länger wach. Leckere Alternativen zum Morgenkaffee sind mit Guanara-Tee oder Matcha Latte geboten. Selbst ein Espresso ist besser, weil er eine geringere Koffeinmenge enthält.
Oft weist die Notwendigkeit, Kaffee und Zigaretten als Verdauungshilfe zu kombinieren, auf eine zu ballaststoffarme Ernährung hin. Zusätzlich zum gesteigerten Darmkrebsrisiko entsteht durch diese Kombination ein beträchtlich höheres Lungenkrebsrisiko. Statt Kaffee nach dem Essen zu trinken, könntest Du mehr Ballaststoffe in Deine Nahrung einbauen. Mit Leinsamen, Kleiebrot, selbst gebackenen Vollkornbrötchen oder einem gesteigerten Gemüseverzehr ist das leicht getan. Ein Verdauungsspaziergang ist ebenfalls eine gesundheitsförderliche Lösung. Auch Verstopfungsprobleme entstehen durch die Bevorzugung ballaststoffarmer Nahrungsmittel. Nach einem knackigen Salat, einem Obst-Smoothie und einem flotten Spaziergang braucht niemand einen starken Kaffee als Verdauungshelfer. Die Entwöhnung von koffeinhaltigen Verdauungshilfen fällt mit vitalstoff- und ballaststoffhaltiger Nahrung leichter.
Natürlich schmeckt Kaffee in allen Varianten gut. Doch warum deswegen Müllhalden und Meere mit entleerten Kaffeekapseln vermüllt werden müssen, ist eine gute Frage. Dass Menschen in fernen Ländern für Minimallöhne unter primitiven Bedingungen die Kaffeeernte einbringen, geht uns etwas an. Im Übrigen geht Kaffeegenuss auch ohne Koffein – zum Beispiel mit Getreidekaffee aus dem Bioladen. Dieser überzeugt ebenfalls mit unterschiedlich ausgeprägten Röstaromen. Als bekömmliche Alternative ist koffeinfreier Kaffee geboten. Auch hier sollte das Gewissen schlagen, denn die entkoffeinierten Kaffeebohnen stammen aus Herstellerländern, die ausgebeutet werden.
Es lohnt sich, den eigenen Kaffeekonsum zu überdenken. Du könntest diesen verringern, indem Du das Kaffeepulver zur Hälfte mit Getreidekaffeepulver mischt. Damit entwöhnst Du Dich zugleich langsam vom Koffeinkick. Je schlimmer Deine Entzugserscheinungen nach dem Kaffeeverzicht sind, desto mehr spricht für eine Abhängigkeit. Ist die Umstellung geschafft, fühlst Du Dich auch ohne Dein Suchtmittel pudelwohl und leistungsbereit.
Dieser Beitrag soll keinesfalls dazu dienen, Kaffeetrinken im Allgemeinen zu verteufeln. In zahlreichen Studien wird der mäßige Genuss von Kaffee sogar als gesund eingestuft. Wer keinesfalls auf den Kaffee verzichten möchte sollten zumindest folgende, einfache Spielregeln einhalten: